Zweckverbandsgesetz für Groß Berlin
vom 19. Juli 1911
in Kraft getreten am 1. April 1912
geändert und ergänzt durch
Gesetz
aufgehoben durch
Gesetz
über die Bildung einer neuen Stadtgemeinde Berlin vom 27. April 1920
mit Wirkung vom 1. Oktober 1920.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preußen ec.
verordnen, mit Zustimmung beider Häuser des Landtages der Monarchie, was folgt:
§ 1. Die Stadtkreise Berlin,
Charlottenburg, Schöneberg, Rixdorf, Deutsch Wilmersdorf, Lichtenberg und
Spandau sowie die Landkreise Teltow und Niederbarnim werden zu einem
Zweckverbande vereinigt, dem die Erfüllung der unter Ziffer 1 bis 3 bezeichneten
kommunalen Aufgaben obliegt:
1. Regelung des Verhältnisses zu öffentlichen, auf Schienen betriebenen
Transportanstalten mit Ausnahme der Staatseisenbahnen (§ 4);
2. Beteiligung an der Feststellung der Fluchtlinien- und Bebauungspläne für das
Verbandsgebiet und Mitwirkung an dem Erlasse von Baupolizeiverordnungen (§§ 5
bis 8);
3. Erwerbung und Erhaltung größerer, von der Bebauung frei zu haltender Flächen
(Wälder, Parks, Wiesen, Seen, Schmuck-, Spiel-, Sportplätze usw.) (§ 9).
Folgende Gemeinden der Landkreise Teltow und Neiderbarnim: Steglitz, Groß Lichterfelde, Friedenau, Cöpenick, Boxhagen-Rummelsburg, Pankow, Weißensee und Reinickendorf gehören dem Verband als selbständige Glieder an.
Andere Gemeinden dieser Landkreise werden selbständige Glieder des Verbandes, wenn sie nach dem Verhältnis ihrer Einwohnerzahl zu der Einwohnerzahl ihrer Kreise gemäß § 15 rechnerisch einen Anspruch auf Zubilligung mindestens eines Vertreters in der Verbandsversammlung haben. Bei Bestimmung der Einwohnerzahl der Kreise werden die Einwohner der bereits als selbständige Glieder dem Verband angehörigen Gemeinden der Kreise nicht mitgerechnet. Die Einwohnerzahl bestimmt sich nach der letzten Personenstandsaufnahme. Selbständige Glieder werden solche Gemeinden erst vom Zeitpunkte der nächsten Ergänzungswahl zur Verbandsversammlung an.
§ 2. Die Landkreise übernehmen die aus dem vorstehenden Paragraphen sich ergebenden Aufgaben in Wahrnehmung der Interessen ihrer nicht als selbständige Glieder dem Verband angehörigen Gemeinden sowie ihrer Gutsbezirke als Kreisangelegenheiten.
§ 3. Der Zweckverband bildet einen Kommunalverband zur Selbstverwaltung seiner Angelegenheiten mit den Rechten einer Korporation. Er erhält die Bezeichnung "Verband Groß Berlin". Sein Sitz ist die Stadt Berlin.
§ 4. I. Der Verband kann Bahnen der im § 1 Ziffer 1 bezeichneten Art erwerben, bauen, betreiben oder durch Dritte betreiben lassen. Soweit der Verband Bahnen herstellt, ändert, erweitert, betreibt oder betreiben läßt, ist er berechtigt, die hierzu erforderlichen Wege, welche von den Kreisen oder Gemeinden (Gutsbezirken) des Verbandsgebiets zu unterhalten sind oder ihnen eigentümlich gehören, gegen Entschädigung zu benutzen. Entschädigung ist insbesondere dann zu gewähren, wenn infolge der Benutzung des Wegekörpers Anlagen, wie Baumpflanzungen, Kanalisations-, Gas-, Wasser-, elektrische Anlagen usw., geändert, verlegt oder beseitigt werden müssen.
II. Die Kreise und Gemeinden (Gutsbezirke) des Verbandsgebiets sind verpflichtet, dem Verband auf dessen Erfordern nach einer mit einjähriger Frist vorausgegangenen Ankündigung ihnen gehörige Bahnen mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten gegen Entschädigung zu Eigentum zu überlassen. Tritt dieser Fall ein, so können die beteiligten Kreise und Gemeinden (Gutsbezirke) verlangen, daß der Verband auch diejenigen ihnen gehörigen Bahnen übernimmt, welche entweder mit den zu übereignenden Bahnen einheitlich betrieben werden oder deren Ertragsfähigkeit anderenfalls erheblich gemindert werden würde. Darüber, ob eine dieser Voraussetzungen zutrifft, beschließt im Streitfalle die Beschlußbehörde für Groß Berlin; gegen ihren Beschluß ist binnen vier Wochen die Beschwerde an die Minister der öffentlichen Arbeiten und des Innern zulässig. Der Verband ist auf Verlangen der beteiligten Kreise oder Gemeinden (Gutsbezirke) verpflichtet, mit der Übernahme des Bahnunternehmens die im Betriebe desselben angestellten Beamten mit ihren Besoldungs- und Ruhegehaltsansprüchen in seinen Dienst zu übernehmen. Die Beamten treten in diesem Falle in den Dienst des Verbandes über.
III. Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gehen die Rechte und Pflichten, welche den Kreisen und Gemeinden (Gutsbezirken) des Verbandsgebiets in bezug auf staatlich genehmigte private Bahnunternehmungen, insbesondere aus Straßenbenutzungsverträgen, zustehen auf den Verband über, welche die Kreise und Gemeinden (Gutsbezirke) hierfür zu entschädigen hat. Die Entschädigungspflicht fällt fort, wenn nach dem 1. Dezember 1910 abgeschlossene Verträge Zustimmungen auf Grund des § 6 des Kleinbahngesetzes vom 28. Juli 1892 (Gesetzsamml. S. 225) enthalten, welche zeitlich über die erteilte staatliche Genehmigung hinausgehen. Falls und soweit der Wert der von Kreisen oder Gemeinden in bezug auf private Bahnunternehmungen übernommenen Verpflichtungen denjenigen der erworbenen Rechte übersteigt, hat der Verband Entschädigung zu beanspruchen. Der Verband kann die Erfüllung der auf ihn übergegangenen Verpflichtungen, soweit sie nicht in Geldleistungen bestehen, ganz oder teilweise den Kreisen und den Gemeinden (Gutsbezirken) des Verbandsgebiets innerhalb ihrer Bezirke für Rechnung des Verbandes übertragen. Für die hierdurch entstehende geschäftliche Belastung hat der Verband eine Entschädigung zu gewähren.
Will oder kann der Verband Rechtsansprüche eines Kreises oder einer Gemeinde (eines Gutsbezirkes) an den Privatunternehmer, welche auf ihn übergangen sind, für den Kreis oder die Gemeinde (den Gutsbezirk) nicht geltend machen, so hat er die Ansprüche zur eigenen Geltendmachung zurückzugewähren.
IV. Die Rechte, welche im Falle der beabsichtigten Benutzung öffentlicher Wege zu privaten Bahnunternehmungen gemäß § 6 des Kleinbaugesetzes vom 28. Juli 1892 (Gesetzsamml. S. 225) den Wegeunterhaltungspflichtigen gegenüber den Unternehmern zustehen, gehen mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes auf den Verband mit der Ma0gabe über, daß zu der im § 7 a. a. O. vorgesehenen Ergänzung der Zustimmung die Beschlußbehörde für Groß Berlin zuständig und gegen deren Beschluß binnen vier Wochen die Beschwerde bei dem Minister der öffentlichen Arbeiten zulässig ist. Vor Erteilung einer Zustimmung zur Benutzung eines öffentlichen Weges für ein privates Bahnunternehmen hat der Verband sich des Einverständnisses des Wegeunterhaltungspflichtigen zu versichern. Wird dieses versagt, so beschließt hierüber endgültig die Beschlußbehörde für Groß Berlin. Der Wegeunterhaltungspflichtige ist für den Verlust der Rechte, die ihm auf Grund des § 6 a. a. O. zustehen würden, von dem Verbande zu entschädigen. Werden gegenüber den Unternehmern bei der Erteilung der Zustimmung von dem Verbande Verpflichtungen übernommen, so finden die Vorschriften der beiden letzten Sätze unter III Abs. 1 entsprechende Anwendung.
V. Die Anlage, der Ausbau und der Betrieb von Bahnen durch Kreise oder Gemeinden (Gutsbezirke) des Verbandsgebiets bedarf, sofern bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes die staatliche Genehmigung hierzu noch nicht erteilt war, der Zustimmung der Verbandsversammlung. Die Zustimmung darf nur versagt werden, wenn das Unternehmen den Interessen des Verbandes zuwiderläuft. Gegen die Versagung ist binnen vier Wochen nach Zustellung des betreffenden Beschlusses die Beschwerde an die Beschlußbehörde für Groß Berlin und gegen deren Beschluß binnen der gleichen Frist die weitere Beschwerde an die Minister der öffentlichen Arbeiten und des Innern zulässig.
VI. Eine Ergänzung der Zustimmung findet in den Fällen der Absätze IV und V nicht statt, wenn der Verband selbst die Genehmigung zu dem Bau und Betrieb einer Bahn bei den zuständigen Behörden (§§ 2 ff. des Kleinbahngesetzes) nachsucht.
VII. Die unter I bis IV vorgesehenen Entschädigungen sind, wenn keine Einigung erzielt wird, durch die Beschlußbehörde für Groß Berlin festzusetzen. Gegen diesen Beschluß steht den Beteiligten binnen vier Wochen, von der Zustellung ab gerechnet, die Klage im Verwaltungsstreitverfahren bei dem Oberverwaltungsgericht offen.
VIII. Über Streitigkeiten, welche, abgesehen von den Fällen der Entschädigung, sich aus den in diesem Paragraphen geregelten Beziehungen zwischen dem Verband und den Kreisen, Gemeinden oder Gutsbezirken des Verbandsgebiets ergeben, beschließt, soweit nicht anderweite Bestimmung getroffen ist, endgültig die Beschlußbehörde für Groß Berlin.
§ 5. Der Verband kann für Teile des Verbandsgebiets Fluchtlinien festsetzen, insoweit dies für die Schaffung oder Ausgestaltung von Durchgangs- oder Ausfallstraßen, für die Herstellung von Bahnen (§ 1 Ziffer 1) oder für die Ausgestaltung der Umgebung von Freiflächen (§ 1 Ziffer 3) erforderlich erscheint. Für letzteren Zweck können auch Bebauungsplane festgesetzt werden. Auch über den vorstehend bestimmten Umfang hinaus kann der Verband aus wichtigen Gründen des Verkehrs, der Gesundheits- und der Wohnungsfürsorge in den noch nicht bebauten Teilen des Verbandsgebiets Fluchtlinien- und Bebauungspläne festsetzen. Darüber, ob die vorangegebenen Voraussetzungen zur Festsetzung von Fluchtlinien und Bebauungsplänen vorhanden sind, beschließt im Streitfalle die Beschlußbehörde für Groß-Berlin. Gegen den Beschluß steht dem Verband und den beteiligten Verbandsgliedern binnen vier Wochen die Beschwerde an den Minister für öffentliche Arbeiten offen. Als Durchgangs- und Ausfallstraßen sind diejenigen anzusehen, welche über den Bereich einer Einzelgemeinde (eines Gutsbezirkes) hinaus den allgemeinen Verkehrsinteressen des Verbandes zu dienen bestimmt sind.
Solange und insoweit Fluchtlinienpläne durch den Verband nicht endgültig festgesetzt sind, bleibt das Fluchtlinienwesen Sache der Einzelgemeinden mit der Ma0gabe, daß neue oder abgeänderte Fluchtlinienpläne der Einzelgemeinden dem Verbandsausschusse vor der Auslegung der Pläne zur Begutachtung vorzulegen sind. Der Vorlegung bedarf es nicht, wenn die Oläne nur die Aufteilung einzelner Baublöcke oder die Verbreiterung bestehender Straßen betreffen. Der Verbandsausschuß kann ihm vorgelegte Pläne beanstanden. Gegen die Beanstandung findet binnen vier Wochen die Beschwerde an die Beschlußbehörde für Groß Berlin und gegen deren Beschluß die weitere Beschwerde nach Maßgabe der Bestimmungen im Abs. 1 statt.
§ 6. Die Entwürfe der Fluchtlinienpläne des Verbandes (§ 5 Abs. 1) sind mit der Angabe über die durch sie bedingten Abänderungen der bestehenden Pläne3 zunächst den beteiligten Gemeinden und Kreisen zur Äußerung und sodann dem Minister der öffentlichen Arbeiten zur grundsätzlichen Zustimmung vorzulegen. Einer Zustimmung der Ortspolizeibehörde bedarf es nicht. Auf die Änderungen bestehender Fluchtlinienfestsetzungen infolge der Festsetzung von Fluchtlinien durch den Verband finden die Vorschriften des § 10 Abs. 1 des Gesetzes vom 2. Juli 1875 (Gesetzsamml. S. 561) keine Anwendung.
Nach erfolgter Zustimmung sind die auf die einzelnen Gemeinde- (Gutsbezirks-) gebiete bezüglichen Planteile unter Kenntlichmachung der Abweichungen von den früheren Plänen in diesen Gemeinden (Gutsbezirken) zu jedermanns Einsicht offen zu legen. Wie dies zu geschehen hat, wird sowohl vom Verbandsausschuß in den für die Veröffentlichungen des Verbandes bestimmten Blättern als auch von den einzelnen Gemeinde- (Guts-) vorständen in der für die Gemeinden (Gutsbezirke) geltenden Form mit dem Bemerkungen bekannt gemacht, daß Einwendungen innerhalb einer Ausschlußfrist von vier Wochen bei dem Verbandsausschuß anzubringen sind. Auch die beteiligten Gemeinden (Gutsbezirke) sind zur Erhebung von Einwendungen berechtigt. Handelt es sich um Festsetzungen, welche nur einzelne Grundstücke betreffen, so genügt statt der Offenlegung und Bekanntmachung eine Mitteilung an die beteiligten Grundeigentümer und Gemeinden (Gutsbezirke).
Über die erhobenen Einwendungen hat, soweit sie nicht durch Verhandlungen zwischen dem Verbandsausschuß und den Beschwerdeführern ur Erledigung gekommen sind, die Beschlußbehörde für Groß Berlin zu beschließen; gegen ihren Beschluß ist binnen vier Wochen die Beschwerde an den Minister der öffentlichen Arbeiten zulässig. Sind Einwendungen nicht erhoben oder ist über sie endgültig beschlossen, so hat der Verbandsausschuß die Pläne förmlich festzusetzen, zu jedermanns Einsicht offen zu legen und, wie dies geschehen soll, öffentlich bekannt zu geben.
§ 7. Die Durchführung der vom Verbande festgesetzten Fluchtlinienpläne (§ 5 Abs. 1) liegt den Einzelgemeinden (Gutsbezirken) ob.
Zu den Kosten der Herstellung und Unterhaltung der nach seinen Fluchtlinienplänen ausgeführten Straßen hat der Verband jedoch den Einzelgemeinden einen von den Verbandsversammlung festzusetzenden einmaligen oder laufenden Zuschuß zu leisten, bei dessen Bemessen die Vorteile der Straßenherstellung für den Verband sowie die Vorteile und Nachteile für die Einzelgemeinden (Gutsbezirke) entsprechend zu berücksichtigen sind.
Der Verband kann solche Straßen mit Zustimmung der beteiligten Gemeinden (Gutsbezirke) auch selbst herstellen und unterhalten. In Gutsbezirken liegt ihm dies auf Antrag derselben ob. Als Gegenleistung haben die beteiligten GMeinden (Gutsbezirke) einen von der Verbandsversammlung festzusetzenden, ihren Vorteilen, insbesondere der Verminderung ihrer Unterhaltungslast, entsprechenden Zuschuß zu entrichten. Es kann ihnen gestattet werden, denselben ganz oder zum Teil in Naturalleistungen zu entrichten.
Gegen die in den Fällen der beiden vorstehenden Absätze gefaßten Beschlüsse der Verbandsversammlung steht den Beteiligten binnen vier Wochen die Beschwerde an die Beschlußbehörde für Groß Berlin und gegen ihre Beschlüsse binnen der gleichen Frist der Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte zu.
In den Fällen des Abs. 3 gehen die den Gemeinden in den §§ 11 bis 15 des Gesetzs, betreffend die Anlegung und Veränderung von Straßen und Plätzen zugewiesenen Rechte und Pflichten sowie die Befugnisse auf Grund des § 9 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893 (Gesetzsamml. S. 152) auf den Verband über; Gutsbezirke werden den Gemeinden gleichgeachtet. Dabei unterliegen Statuten des Verbandes der Bestätigung des Ministers der öffentlichen Arbeiten. Für das Einspruchs- und Klageverfahren finden §§ 69, 70 des Kommunalabgabengesetzes mit der Maßgabe Anwendung, daß für den Einspruch der Verbandsausschuß und für die Klage das Oberverwaltungsgericht zuständig ist.
§ 8. Vor Erlaß neuer oder Abänderung bestehender Baupolizeiordnungen hat die zuständige Behörde den Verbandsausschuß unter Bestimmung einer der Lage des Einzelfalls entsprechenden Frist gutachtlich zu hören.
§ 9. Der Verband kann über die Erwerbung größerer von der Bebauung ganz oder zum überwiegenden Teile freizuhaltender Flächen (Wälder, Parks, Wiesen, Seen, Schmuck-, Spiel-, Sportplätze usw. - § 1 Abs. 1 Ziffer 3 - ) sowie über die dauernde Erhaltung, Ausgestaltung, Benutzung und Unterhaltung solcher von ihm erworbenen Flächen Bestimmung treffen; der Erwerbung ist die Pachtung oder die Sicherung von Rechten gleichzuachten.
Der Verband kann von ihm erworbene Freiflächen einzelnen Verbandsgliedern zur Unterhaltung gegen angemessene Entschädigung im Vertragsweg übertragen.
§ 10. Der Verband ist berechtigt, durch eine Satzung seine Rechtsverhältnisse insoweit zu ordnen, als es die Bestimmungen dieses Gesetzes zulassen.
Die Satzung kann von der Verbandsversammlung nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden und bedarf der Bestätigung durch die Beschlußbehörde für Groß Berlin. Gegen ihren Beschluß findet binnen vier Wochen die Beschwerde an den Minister des Innern statt.
§ 11. Der Verband ist berechtigt, in sinngemäßer Anwendung der für Provinzialabgaben geltenden Bestimmungen des Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 23. April 1906 (Gesetzsamml. S. 159) Gebühren und Beiträge zu erheben.
Soweit die eigenen Einnahmen des Verbandes, die Gebühren und die Beiträge zur Bestreitung der Verbandsausgaben nicht ausreichen, wird der Fehlbetrag durch die Verbandsversammlung gemäß den nachstehenden Bestimmungen auf die Verbandsmitglieder umgelegt.
Bei der Regelung des Verhältnisses zu den Transportanstalten (§ 1 Abs. 1 Ziffer 1) ist der Geldbedarf für jede einzelne Bahnunternehmung in dem Betrage festzustellen, um welchen die Ausgaben eines Betriebs- oder Baujahrs die Einnahmen übersteigen, bei Betrieben, die für Rechnung des Verbandes geführt werden, in dem Betrag, um welchen die Ausgaben für Betrieb und Unterhaltung für Rücklagen in den Reserve- und Erneuerungsfonds, für Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals, einschließlich der etwa gezahlten Entschädigung (§ 4 VII), in einem Betriebs- oder Baujahre die Einnahmen übersteigen. Der sich hiernach für die einzelnen Bahnunternehmungen ergebende Bedarf wird auf alle oder einzelne Verbandsglieder nach Maßgabe ihres Interesses umgelegt. Über die Umlegung zu Grunde zu legenden Maßstäbe sowie über die Verwendung der Reinüberschüsse beschließt die Verbandsversammlung mit der Maßgabe, daß solche Reinüberschüsse zunächst den einzelnen Verbandsgliedern in dem Verhältnis und bis zu dem Betrage zu überweisen sind, in dem von ihnen in früheren Betriebs- oder Baujahren für dieselbe Bahnunternehmung ein Geldbedarf gedeckt worden ist. Gegen den Beschluß der Verbandsversammlung steht den Verbandsgliedern binnen vier Wochen die Beschwerde an die Beschlußbehörde für Groß Berlin und gegen ihren Beschluß binnen der gleichen Frist die Beschwerde an die Minister des Innern und der öffentlichen Arbeiten zu.
Im übrigen gelten für die Umlegung des Fehlbetrags die Grundsätze der §§ 25 bis 27 des Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 23. April 1906.
Gegen Beschlüsse der Verbandsversammlung, welche ausschließliche Belastung oder Mehr- oder Minderbelastung einzelner Verbandsglieder betreffen, steht binnen vier Wochen den Verbandsgliedern die Beschwerde an die Beschlußbehörde für Groß Berlin und gegen ihren Beschluß binnen der gleichen frist die Beschwerde an die Minister des Innern, der öffentlichen Arbeiten und der Finanzen zu.
Durch die Satzung kann für einzelne oder alle Arten von Verbandslasten ein anderer Verteilungsmaßstab eingeführt oder auch bestimmt werden, daß und in welcher Weise bei der Lastenverteilung einerseits das Übergewicht der Vorteile eines Verbandsunternehmens für einzelne Verbandsglieder und anderseits dasjenige zu berücksichtigen ist, was einzelne Verbandsglieder bereits vor Erlaß des gegenwärtigen Gesetzes für Zwecke des Verbandses geleistet haben.
§ 12. Den Verbandsgliedern bleibt überlassen, den auf sie entfallenden Teil des Umlagebedarfs gleich den übrigen Gemeinde- (Kreis-) bedürfnissen aufzubringen. Kreisangehörige Gemeinden, die dem Verband als selbständige Glieder beigetreten sind, können jedoch von den Landkreisen zu den von diesen aufzubringenden Verbandslasten nicht herangezogen werden. Die Unterverteilung des Umlagebedarfs kann im übrigen auch im Wege der Mehr- oder Minderbelastung beziehungsweise der ausschließlichen Belastung von Gemeinde- oder Kreisteilen gemäß § 20 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom 14. Juli 1893, § 10 des Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 23. April 1906 erfolgen.
§ 13. Die Angehörigen der Kreise und Gemeinden des Verbandsgebiets sind zur Mitbenutzung der Einrichtungen und Anstalten des Verbandes nach Maßgabe der dafür bestehenden Bestimmungen berechtigt.
§ 14. Die Organe des Verbandes sind die Verbandsversammlung, der Verbandsausschuß und der Verbandsdirektor.
§ 15. Die Verbandsversammlung besteht aus dem ersten Bürgermeister der Stadt Berlin als Vorsitzenden und aus hindert, erstmalig von dem Minister des Innern, später vom Verbandsausschuß auf die Verbandsglieder nach dem Verhältnisse der Einwohnerzahl zu verteilenden Vertretern. Die Einwohnerzahl bemißt sich nach der letzten Personenstandsaufnahme. Jedes Verbandsglied muß mindestens einen Vertreter haben. Kein Verbandsglied darf mehr als zwei Fünftel der Gesamtvertreterzahl erhalten. Der Stadtgemeinde Berlin wird hierbei der erste Bürgermeister als Vertreter nicht angerechnet.
Durch die Satzung kann eine Vermehrung oder Verminderung der im Abs. 1 bezeichneten Vertreterzahl vorgesehen werden; auf die veränderte Vertreterzahl findet Abs. 1 Anwendung.
Beim Hinzutritte neuer Verbandsglieder wird die dem beteiligten Landkreise zustehende Vertreterzahl auf die ausscheidende Gemeinde und den verbleibenden Landkreis in dem durch Abs. 1 festgesetzten Verhältnisse verteilt.
§ 16. In Gemeinden werden die Vertreter durch die Gemeindevertretungen, in Städten unter Zutritt des Magistrats, in den Landkreisen durch die Kreistage gewählt. Für jeden Vertreter wird ein Ersatzmann gewählt, der im Falle der Behinderung des ersteren auch ohne besondere Einladung befugt ist, für ihn einzutreten.
Wählbar sind mit Ausnahme der Beamten des Verbandes alle Angehörigen der beteiligten Gemeinden und Landkreise, welche die Wählbarkeit für den Gemeindevorstand oder die Gemeindevertretung beziehungsweise den Kreistag besitzen.
§ 17. Die Vertreter und ihre Ersatzmänner werden auf sechs Jahre gewählt. Jede Wahl verliert dauernd oder vorübergehend ihre Wirkung mit dem gänzlichen oder zeitweisen Aufhören einer der für die Wählbarkeit vorgeschriebenen Bedingungen. Die Verbandsversammlung beschließt, ob einer dieser Fälle eingetreten ist.
Alle drei Jahre scheidet die Hälfte der Vertreter und ihrer Ersatzmänner aus und wird durch Ergänzungswahlen ersetzt. Die das erste Mal ausscheidenden werden durch das Los bestimmt.
Im Falle des Hinzutritts neuer Verbandsglieder (§ 1 Abs. 3, § 15 Abs. 3) scheiden alle Vertreter des beteiligten Landkreises und ihre Ersatzmänner aus der Verbandsversammlung aus und werden durch neu zu wählende Vertreter (Ersatzmänner) der selbständig gewordenen Gemeinde und des verbleibenden Landkreises ersetzt.
In Fällen notwendiger Ersatzwahlen bestimmt sich die Dauer dieser Wahlen nach der Wahlperiode des bisherigen Vertreters (Ersatzmanns).
§ 18. Vor jeder Ergänzungswahl wird das Beteiligungsverhältnis der Verbandsglieder an dieser Versammlung durch Beschluß des Verbandsausschusses nach Maßgabe des § 15 neu festgestellt.
§ 19. Der Verbandsversammlung liegt
ob:
1. die Beschlußfassung über den Haushaltsplan;
2. die Entlastung der Jahresrechnung;
3. die Beschlußfassung über Erlaß und Änderungen der Satzung (§ 10);
4. die Feststellung des von den Verbandsgliedern aufzubringenden Umlagebedarfs;
5. die Beschlußfassung über die Aufnahme von Anleihen;
6. die Aufstellung von Grundsätzen für die Tätigkeit des Verbandes und über die
Verwaltung seines Vermögens;
7. die Beschlußfassung über die Errichtung von Verbandsämtern sowie über die
Anstellungs- und Besoldungsverhältnisse der Verbandsbeamten;
8. die Wahl des Verbandsdirektors, der ihm zugeordneten oberen Beamten und der
zu wählenden Mitglieder des Verbandsausschusses;
9. die Prüfung der Gültigkeit oder der fortdauernden Wirkung (§ 17 Abs. 1) der
Wahlen zur Verbandsversammlung;
10. die Beschlußfassung gemäß § 4 I bis V, § 5 Abs. 1, § 7 Abs. 5, § 9 und § 11;
11. die Beschlußfassung über die Erwerbung und die Veräußerung von Grundstücken.
Die Verbandsversammlung ist berechtigt, sich ihre Geschäftsordnung selbst zu geben.
§ 20. Die Festsetzung des Umlagebedarf (§ 19 Ziffer 4), sofern er höher als 25 vom Hundert des umlagefähigen Gesamtsteuersolls ist, und die Aufnahme von Anleihen (§ 19 Ziffer 5) bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (§ 38).
Gegen die Beschlüsse der Verbandsversammlung über die Gültigkeit oder die fortdauernde Wirkung der Vertreterwahlen (§ 19 Ziffer 9) findet binnen vier Wocehn die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte statt. Die Klage hat keine aufschiebende Wirkung; jedoch dürfen Ersatzwahlen vor ergangener rechtskräftiger Entscheidung nicht vorgenommen werden.
§ 21. Der Vorsitzende (§ 15 Abs. 1) beruft die Verbandsversammlung durch Einladungsschreiben unter Angabe der zu verhandelnden Gegenstände. Den Einladungsschreiben sind die Vorlagen des Verbandsausschusses zu diesen Gegenständen nebst den zugehörigen Schriftstücken beizufügen. Mit Ausnahme dringender Fälle, in welchen die Frist auf drei Tage abgekürzt werden darf, muß die Einladung den Vertretern mindestens zwei Wochen vorher zugestellt werden. Durch die Satzung können andere Fristen vorgeschrieben werden.
Die Verbandsversammlung ist zusammenberufen, so oft es die Geschäfte erfordern, indessen mindestens einmal im Rechnungsjahr (1. April bis 31. März). Auf den Antrag von wenigstens einem Drittel der Vertreter muß die Zusammenberufung oder die Ergänzung der Tagesordnung erfolgen.
§ 22. Die Mitglieder des Verbandsausschusses und im Auftrage des Verbandsdirektors die ihm zugeordneten oberen Beamten können an den Sitzungen der Verbandsversammlung mit beratender Stimme teilnehmen. Ob noch andere Personen, insbesondere Sachverständige, mit beratender Stimme zu den Sitzungen zuzuziehen sind, bleibt der Beschlußfassung des Verbandsausschusses oder der Verbandsversammlung überlassen.
An Verhandlungen über Rechte und Verpflichtungen des Verbandes darf derjenige nicht teilnehmen, dessen Interesse mit dem des Verbandes im Widerspruche steht.
§ 23. Die Verbandsversammlung ist beschlußfähig, wenn mehr als die Hälfte der Mitglieder anwesend sind. Eine Ausnahme hiervon findet statt, wenn die Verbandsversammlung, zum zweiten Male zur Verhandlung über denselben Gegenstand berufen, dennoch nicht in beschlußfähiger Anzahl erschienen ist. Bei der zweiten Zusammenberufung muß auf diese Bestimmung hingewiesen werden.
§ 24. Die Beschlüsse der Verbandsversammlung werden nach einfacher Stimmenmehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit gilt der Antrag als abgelehnt.
Durch die Satzung kann für bestimmt zu bezeichnende Angelegenheiten eine größere als einfache Stimmenmehrheit gefordert werden.
§ 25. Die Sitzungen der Verbandsversammlung sind öffentlich. Für einzelne Gegenstände kann durch einen in geheimer Sitzung zu fassenden Beschluß der Versammlung die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
§ 26. Der Verbandsausschuß besteht aus dem ersten Bürgermeister der Stadt Berlin als Vorsitzenden, einem von dem ersten Bürgermeister der Stadt Berlin zu bezeichnenden Magistratsmitgliede dieser Stadt, den ersten Bürgermeistern der sechs nach Einwohnerzahl nächstgrößten Gemeinden des Verbandsgebiets, den Vorsitzenden der Kreisausschüsse der zum Verbande gehörigen Kreise und acht von der Verbandsversammlung aus dem im § 16 Abs. 2 bezeichneten Personenkreise zu wählenden Mitgliedern. Außerdem ist der Verbandsdirektor von Amts wegen Mitglied des Verbandsausschusses.
Von den gewählten Mitgliedern müssen vier in der Stadt Berlin und vier in den nicht schon nach Abs. 1 berücksichtigten Gemeinden des Verbandsgebiets die im § 16 Abs. 2 bezeichnete Wählbarkeit besitzen.
Die Vorschriften im § 16 Abs. 1 Satz 2 und § 17 Abs. 1 Satz 2 finden mit der Maßgabe Anwendung, daß über die fortdauernde Wirkung der Wahlen der Verbandsausschuß beschließt.
§ 27. Die Wahlperiode der gewählten Mitglieder des Verbandsausschusses und ihrer Ersatzmänner umfaßt sechs Jahre, sofern nicht durch die Satzung eine längere Wahlperiode vorgeschrieben ist. In dem Falle einer notwendigen Ersatzwahl bestimmt sich die Dauer dieser Wahl nach der Wahlperiode des bisherigen Mitglieds (Ersatzmanns).
§ 28. Die gewählten Mitglieder des Verbandsausschusses werden vom Vorsitzenden vereidigt. Sie können nach Maßgabe der §§ 51 und 98 Nr. 5 der Provinzialordnung für die östlichen Provinzen vom 29. Juni 1875 / 22. März 1881 (Gesetzsamml. 1881 S. 233) im Wege des Disziplinarverfahrens ihrer Stellen enthoben werden; hierbei tritt an Stelle des Bezirksausschusses die Beschlußbehörde für Groß Berlin.
§ 29. Dem Verbandsausschusse liegt
ob:
1. die Vorbereitung und Ausführung der Beschlüsse der Verbandsversammlung;
2. die Überwachung der Geschäftsführung des Verbandsdirektors;
3. die Beschlußfassung über alle Verbandsangelegenheiten, soweit sie nicht der
Verbandsversammlung vorbehalten sind;
4. die Anstellung der Verbandsbeamten, soweit ihre Ernennung nicht der
Verbandsversammlung vorbehalten ist ( § 19 Ziffer 8), und deren Beaufsichtigung;
5. die Heranziehung der Verbandsglieder zu den Umlagen;
6. die Prüfung der fortdauernden Wirkung der Wahlen zum Verbandsausschusse (§ 26
Abs. 3).
Der Verbandsausschuß ist berechtigt, sich seine Geschäftsordnung selbst vorzuschreiben.
§ 30. Gegen die Heranziehung zu den Gebühren, Beiträgen und Umlagen (§ 11 Abs. 1 und 2, § 29 Ziffer 5) stehen den Pflichtigen der Einspruch bei dem Verbandsausschuß und gegen seinen ablehnenden Bescheid Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte zu. Dabei sind die Vorschriften der §§ 31 und 28 des Kreis- und Provinzialabgabengesetzes vom 23. Januar 1906 sinngemäß anzuwenden.
Gegen die Beschlüsse über die fortdauernde Wirkung der Wahlen zum Verbandsausschusse (§ 29 Ziffer 6) findet die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte nach Vorschrift des § 20 Abs. 2 statt.
§ 31. Der Vorsitzende (§ 26 Abs. 1) beruft den Verbandsausschuß durch Einladungsschreiben unter Angabe der zu verhandelnden Gegenstände. Den Einladungsschreiben sind tunlichst die für diese Gegenstände grundlegenden Schriftstücke beizufügen. Mit Ausnahme dringender Fälle, in denen die Frist auf 24 Stunden abgekürzt werden darf, muß die Einladung mindestens eine Woche vorher zugestellt werden. Durch die Satzung können andere Fristen vorgeschrieben werden.
Der Verbandsausschuß ist zusammenzurufen, so oft es die Geschäfte erfordern. Auf den Antrag von wenigstens einem Drittel seiner Mitglieder muß die Zusammenberufung oder die Ergänzung der Tagesordnung erfolgen.
§ 32. Die dem Verbandsdirektor zugeordneten oberen Beamten können im Auftrage des Verbandsdirektors an den Sitzungen des Verbandsausschusses mit beratender Stimme teilnehmen. Die Beamten des Verbandes, mit Ausnahme des Verbandsdirektors, können nicht Mitglieder des Verbandsausschusses sein.
Dem Beschlusse des Verbandsausschusses bleibt es überlassen, zu den Verhandlungen des Ausschusses auch Nichtmitglieder, insbesondere Sachverständige, zuzuziehen.
Im übrigen finden die Bestimmungen in § 22 Abs. 2, §§ 23 und 24 Abs. 1 auf Verhandlungen des Verbandsausschusses entsprechende Anwendung.
§ 33. Der Verbandsdirektor wird von der Verbandsversammlung auf mindestens sechs bis höchstens zwölf Jahre gewählt und bedarf der Bestätigung durch den König. Wird die Bestätigung versagt, so schreitet die Verbandsversammlung zu einer neuen Wahl. Wird auch diese Wahl nicht bestätigt, so kann der Minister des Innern die kommissarische Verwaltung auf Kosten des Verbandes anordnen. Dasselbe findet statt, wenn der Verbandstag die Wahl verweigert oder den nach der ersten Wahl nicht Bestätigten wieder wählt. Die kommissarische Verwaltung dauert so lange, bis die Wahl des Verbandstags, deren wiederholte Vornahme ihm jederzeit zusteht, die Bestätigung erlangt hat.
Für den Fall der Behinderung des Verbandsdirektors sowie im Falle der Erledigung seiner Stelle hat der Verbandsausschuß einen Stellvertreter zu bezeichnen.
Dem Verbandsdirektor können noch andere obere Beamte zugeordnet werden.
Auf die Rechtsverhältnisse aller Verbandsbeamten, einschließlich der in den vorstehenden Absätzen genannten, finden die §§ 1 bis 7 des Gesetzes, betreffend die Anstellung und Versorgung der Kommunalbeamten, vom 30. Juli 1899 (Gesetzsamml. S. 141) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß im Falle des § 7 a. a. O. an Stelle des Bezirksausschusses die Beschlußbehörde für Groß Berlin tritt; gegen ihren beschluß ist, soweit das Verwaltungsstreitverfahren eröffnet ist, die Klage bei dem Oberverwaltungsgerichte zulässig.
In betreff der Dienstvergehen der Verbandsbeamten finden die Vorschriften des § 98 der Provinzialordnung für die östlichen Provinzen vom 29. Juni 1875 / 22. März 1881 (Gesetzsamml. 1881 S. 233) mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, daß die von dem Verbandsdirektor zu verhängenden Ordnungsstrafen neun Mark nicht übersteigen dürfen und daß an Stelle des Bezirksausschusses die Beschlußbehörde von Groß Berlin tritt.
§ 34. Der Verbandsdirektor führt unter der Aufsicht des Verbandsausschusses die laufenden Geschäfte des Verbandes. Er bereitet die Beschlüsse des Verbandsausschusses vor und trägt für ihre Ausführung Sorge.
Er ist der Dienstvorgesetzte sämtlicher Verbandsbeamten.
Der Verbandsdirektor vertritt den Verband nach außen in allen Angelegenheiten. Er verhandelt namens des Verbandes mit Behörden und Privatpersonen, führt den Schriftwechsel und zeichnet alle Schriftstücke. Er ist befugt, für die Geschäfte des Verbandes die vermittelnde und begutachtende Tätigkeit der Provinzial-, Kreis-, Amts- und Gemeindebehörden des Verbandsgebiets in Anspruch zu nehmen.
§ 35. Urkunden über Rechtsgeschäfte, die den Verband gegen Dritte verpflichten sollen, und Vollmachten müssen von dem Verbandsdirektor und einem anderen Mitgliede des Verbandsausschusses unterzeichnet sein.
§ 36. Die ersten Bürgermeister beziehungsweise Vorsitzenden der Kreisausschüsse der dem Verband angehörenden Gemeinden und Kreise können sich in allen ihnen durch dieses Gesetze übertragenen Rechten und Obliegenheiten durch Mitglieder des Gemeindevorstandes beziehungsweise Kreisausschusses vertreten lassen. Der erste Bürgermeister der Stadt Berlin wird im Vorsitze des Verbandsausschusses von dem zweiten Bürgermeister, falls dieser Mitglied ist, sonst und bei dessen Verhinderung von dem ersten Bürgermeister beziehungsweise Vorsitzenden des Kreisausschusses des nächstgrößten Stadt- oder Landkreises vertreten. Im Vorsitze der Verbandsversammlung vertritt ihn der zweite Bürgermeister, soweit er Mitglied ist, sonst und bei dessen Behinderung ein von der Verbandsversammlung zu wählendes Mitglied.
§ 37. Die Veröffentlichung von Bekanntmachungen des Verbandes erfolgt durch das "Amtsblatt der Königlichen Regierung zu Potsdam und der Stadt Berlin". Weitere Veröffentlichungsorgane sind durch die Satzung zu bestimmen.
§ 38. Die Aufsicht des Staates über die Verwaltung der Verbandsangelegenheiten wird in erster Instanz von dem Oberpräsidenten, in höherer Instanz von dem Minister des Innern im Benehmen mit dem Minister der öffentlichen Arbeiten und dem Finanzminister geübt. Der Oberpräsident ist befugt, an den Beratungen der Verbandsversammlung und des Verbandsausschusses entweder selbst oder durch einen zu seiner Vertretung abzuordnenden Staatsbeamten sind auf Verlangen jederzeit zu hören.
Die Beschwerde an die höhere Instanz ist innerhalb vier Wochen zulässig.
Auf die Handhabung der Aufsicht und die Rechtsmittel gegen Akte der Aufsicht finden neben den Vorschriften dieses Gesetzes die Bestimmungen in §§ 115, 116, 118, 121 und 122 der Provinzialordnung für die östlichen Provinzen vom 29. Juni 1875 / 22. März 1881 entsprechende Anwendung.
§ 39. Die Beschlußbehörde für Groß Berlin besteht aus dem Oberpräsidenten oder seinem Stellvertreter als Vorsitzenden, aus den Verwaltungsgerichtsdirektoren der Bezirksausschüsse für den Stadtkreis Berlin und zu Potsdam oder ihren Stellvertretern sowie aus vier auf sechs Jahre gewählten Mitgliedern. Von den letzteren werden zwei von der Stadtverordnetenversammlung unter Zutritt des Magistrats zu Berlin und zwei vom Provinzialausschusse der Provinz Brandenburg gewählt. Für die gewählten Mitglieder werden in gleicher Weise vier Stellvertreter gewählt. Für die Wählbarkeit gilt § 16 Abs. 2. Die Mitglieder der Verbandsvesammlung oder des Verbandsausschusses können nicht Mitglieder der Beschlußbehörde sein.
Sie hat ihren Sitz am Sitze des Oberpräsidenten; auf sie finden §§ 14 und 15 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetzsamml. S. 195) Anwendung.
§ 40. Dieses Gesetz tritt am 1. April 1912 in Kraft; indessen sind die Organe des Verbandes auf Anordnung des Ministers des Innern schon vor diesem Zeitpunkte zu bilden. Sie haben, gleichfalls vor diesem Zeitpunkte, alle Maßregeln zu treffen, welche die rechtzeitige Ausführung des Gesetzes sicherstellen.
Im übrigen sind die Minister des Innern und der öffentlichen Arbeiten mit der Ausführung des Gesetzes beauftragt.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Königlichen Insiegel.
Gegeben Balholm, an Bord M. J. "Hohenzollern", den 19. Juli 1911
Wilhelm.
v. Bethmann Hollweg.
Delbrück. Beseler.
v. Breitenbach.
Sydow.
v. Trott zu Solz. Frhr. v. Schorlemer.
v. Dallwitz.
Quelle:
Preußische Gesetzsammlung, Jahrgang 1911 S. 123
© 11. Mai 2015 - 14. Mai 2015